Indikationen für Psychosoziale  Kunsttherapie (IFKTP)®

Das Medium der Psychosozialen Kunsttherapie ist die Kunst. 

 

Psychosoziale Kunsttherapie ist primär ein Behandlungsverfahren, das im rehabilitativen, klinisch-psychologischen und psychotherapeutischen Bereich Anwendung findet. Kunsttherapeutische Methoden werden ebenfalls im Rahmen kunstdidaktischer und gestaltungspädagogischer Verfahrensweisen angewandt und sind im sozial- und heilpädagogischen Raum, aber auch im künstlerisch-sozialen Handeln zu finden.

 

„Der Kunsttherapeut hat die Aufgabe, mit Hilfe künstlerischer Mittel zu erziehen, zu bilden und zu heilen. Er setzt neben den erlernten künstlerischen Disziplinen (Malerei, Plastik, Grafik) auch Methodik und Didaktik auf pädagogischem, therapeutischem sowie psychotherapeutischem Gebiet ein, um unterstützend und ergänzend zu anderen Maßnahmen, vor allem medizinischer Behandlung, positiv auf Klärungs- und Heilungsprozesse einzuwirken.“[1] (Hans- Jürgen Rieger)

 

[1] Rieger, Hans- Jürgen: Lexikon d. Arztrechtes, Verlag Walter De Gruyter Inc, 1984, S.1124


Psychosoziale Kunsttherapie ist zugleich

  • ein aufdeckendes Verfahren, dass sich mit Ursachenforschung von Konflikten, Störungen und Krankheiten der Innenwelt des Menschen beschäftigt
  • ein unterstützendes Verfahren, zu weiteren ärztlich verordneten Therapien
  • ein begleitendes Verfahren, über langfristige Zeiträume in verschiedenen Arbeitsbereichen, wie z. B. der Altenpflege, Kinder- und Jugendhilfe, Arbeit mit behinderten Menschen, Hospizarbeit
  • ein übendes Verfahren, das der Patient/Klient später auch alleine nutzen kann
  • ein strukturierendes Verfahren, welches die psychische Struktur neu ordnen kann z.B. in der Suchttherapie

Indikationskatalog Kunsttherapie

Ein Indikationskatalog Kunsttherapie. Anleitung für Psychosoziale Kunsttherapie (IFKTP)®

wurde im Rahmen des ASCOL-Colleges erstellt und wird in Kürze veröffentlicht.


Psychosoziale Kunsttherapie

Therapeuten mit Palette

 

Malen, zeichnen, kleben, basteln,

fotografieren, modellieren, formen – das alles kann Hobby sein, manchmal ist es Kunst.

All dies bietet aber auch eine Grundlage für therapeutische Zwecke:

Die Psychosoziale Kunsttherapie nutzt die Fähigkeiten des Menschen,

mit seinen Händen innere Bilder zu äußerer Gestalt zu verhelfen.

 

Währenddessen arbeitet sie mit psychologischer Kompetenz, um Konflikte oder Blockaden zu lösen, um körperliche oder seelische Erkrankungen in ihrer Heilung zu fördern.

 

Kunsttherapie ist bereits seit vielen Jahrzehnte bewährt, vor allem im klinischen oder pädagogischen Bereich, dennoch ist sie bislang weitgehend unbekannt. Oft fehlt eine Vorstellung davon, was Kunsttherapie überhaupt ist. Eine Antwort darauf liefert der deutsch-amerikanische Kunstpsychologe Rudolf Arnheim: "Psychologie und Kunst – diese beiden können als der Vater und die Mutter der Kunsttherapie bezeichnet werden. Meine eigene Meinung ist, dass die Künste an erster Stelle eine erkennende Aufgabe erfüllen. Indem Kunst zeigt, was sie für den Geist kranker Menschen tun kann, erinnert sie uns daran, wozu sie für jeden von uns da ist."

Während sich andere Therapieformen meist auf die direkte Beziehung zwischen Patient und Therapeut beschränken, so kommt in der Kunsttherapie eine dritte Komponente hinzu: Das gestaltete Werk. Diese nonverbale Kommunikation, der sprachlose Ausdruck von Gefühlen, von Wünschen und Erlebnissen ist zentraler Bestandteil des therapeutischen Prozesses. Der Kunsttherapeut ist mit seiner Erfahrung, seinem Wissen und seinem Einfühlungsvermögen gefordert, den Ausdruck des Werkes zu analysieren und auch über das Werk in einen Austausch mit dem Patienten zu treten.

 

Ausdruck der Seele

Künstlerische Arbeitsprozesse und die Nutzung unterschiedlicher Materialien verbildlichen in idealer Weise innere Zustände, Erfahrungen und Konflikte. Damit sind sie geeignet, Veränderungsprozesse nicht nur modellhaft abzubilden, sondern sich derer auch plastisch und praktisch bewusst zu werden.

 

Teil der Therapie ist auch die Umgebung. So kann eine Psychosoziale Kunsttherapie einzeln oder in Gruppen durchgeführt werden, offene Ateliers sind ebenso möglich wie geschlossene Gruppen oder geschützte Einzelsitzungen. Bei einer Gruppe fließt zusätzlich der Aspekt der sozialen Interaktion mit den anderen Teilnehmern in den therapeutischen Prozess mit ein. Themen oder Materialien können entweder freigewählt werden oder vorgegeben sein. Mit möglicherweise gegebenen Materialien ein feststehendes Thema anzugehen, das ist für viele Patienten unter Umständen eine Herausforderung – die Pinsel einfach über das Papier streichen zu lassen, ohne vorab eine Skizze erstellt oder die Details mit spitzem Bleistift vorgezeichnet zu haben, erfordert Mut. Und es kann befreiend wirken, einen Auslöser schaffen, sich dem Therapeuten auch verbal zu öffnen.

 

Kreativität allein ist keine Therapie

Das Konzept der Psychosozialen Kunsttherapie basiert auf einer fächerübergreifenden Zusammenführung von Kunst, Psychologie und verschiedenen therapeutischen Verfahren und Methoden. Die Kunst steht somit in ihrer sinnstiftenden, sozialen und kurativen Vielfalt im Mittelpunkt des Studiums der Psychosozialen Kunsttherapie. Malerei, Bildhauerei und das Modellieren mit Ton, das therapeutische Lesen und das Schreiben sind Techniken, die jeder angehende Psychosoziale Kunsttherapeut erlernt. Darüber hinaus stehen auch Lehrstoffe wie Ästhetik, Psychologie, Psychopathologie und Diagnostik, Materialkunde, Kunstgeschichte sowie Menschenkunde auf dem Plan. Die Berufsbezeichnung Psychosozialer Kunsttherapeut (IFKTP) ist behördlich geschützt und wird ausschließlich durch den Berufsverband vergeben.

 

Ein Vorteil der Psychosozialen Kunsttherapie ist es, dass – im Gegensatz zu Therapieansätzen wie beispielsweise der reinen Verhaltenstherapie oder der Psychoanalyse – mit unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen gearbeitet werden kann. So können verhaltenstherapeutische, analytische, anthroposophische und weitere Ansätze genutzt werden, um Patienten in vielfältigsten Lebenssituationen gerecht zu werden und wirksam zu begegnen. Diese Vielfältigkeit der Psychosozialen Kunsttherapie ermöglicht ihren Einsatz in Kliniken und Krankenhäusern, aber auch in Senioren- und Pflegeheimen, Familienberatungsstellen, Kinder- und Jugendtherapieeinrichtungen, psychologischen Beratungsstellen und Rehabilitationseinrichtungen oder selbstverständlich in eigener Praxis. Dabei kann die Psychosoziale Kunsttherapie eine eigenständige Therapie darstellen oder eine Behandlung mit anderen Heilverfahren ergänzen oder begleiten. Gerade bei der Aufarbeitung von biographischen Konflikten, bei der Verarbeitung von emotionalen Krisen und der Heilung von psychischen Erkrankungen konnten mit der Psychosozialen Kunsttherapie sehr gute Ergebnisse erzielt werden. „Die Erfahrung im Künstlerischen führt dazu, dass Patienten die gewonnenen Erfahrungen in andere Lebensbereiche hineinwirkend anwenden“, so Alexander B. Schadow, der Begründer der Psychosozialen Kunsttherapie. (Auszug aus Gesunde Medizin 11/2012)